Vom ökologischen Nutzen einer militärischen Vergangenheit
Die bislang größte Investition der Umweltstiftung in die naturnahe Waldbewirtschaftung begann im Jahr 2000, als Dieter Mennekes die ersten Hektar einer mittlerweile 2.900 Hektar umfassenden Fläche am Rand des Baruther Urstromtals, südlich von Berlin in Brandenburg erwarb. Die Fläche liegt im östlichen Teil des Naturschutzgebietes (NSG) Heidehof-Golmberg, welches im Jahr 1999 auf einer Fläche von 9.860ha unter Schutz gestellt wurde. Zuvor hatte die Fläche von 1897 bis 1992 als Truppenübungsplatz “Jüterbog-Ost” mit einer Gesamtgröße von 11.940ha gedient. Der größte Flächeneigentümer im westlichen Teil des heutigen NSG ist die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, welche ca. 2000ha der 2680ha großen Stiftungsfläche als Wildnisentwicklungsgebiet ausgewiesen hat. Das NSG Heidehof-Golmberg ist nach der höchsten Erhebung im Landkreis Teltow-Fläming benannt. Der auf den DiMUS-Flächen gelegene 178 Meter hohe Golmberg wird auch „Großer Kirchberg“ genannt, weil hier einmal eine Marienkapelle gestanden hat, die im späten Mittelalter ein weithin bekannter Wallfahrtsort war. Heute finden sich in den höheren Lagen um den Gipfel herum Reste alter Rotbuchen- und Eichenbestände, die mit dem Hirschkäfer und dem Großen Eichenbock mindestens zwei Insektenarten beherbergen, die in Deutschland als stark gefährdet gelten. In den unteren Lagen des Golmbergs schließen sich Kiefern-, Birken- und Aspenwälder an, teilweise durchmischt mit Roteichen. Der nördliche und östliche Teil der Stiftungsfläche besteht größtenteils aus monotonen Kiefernwäldern. In einem ehemals als Bombodrom genutzten Gebiet ganz im Osten der DiMUS-Flächen dominieren sandige, offene Flächen, die mit Silbergras-, Kleinschmielen- und Sandrasen bewachsen sind.
Weil es im gesamten Gebiet kaum natürliche Gewässer gibt, sind mehrere Weiher, Suhlen und Feuerlöschteiche angelegt worden. Sie bilden nicht nur ein Feuchtbiotop für viele Wasserpflanzen, Frösche, Libellen und Reptilien, sondern dienen auch als Wasserstellen für Hirsche, Rehe und Wildschweine. 2010 haben Jäger hier das erste Mal ein Wolfsrudel gesichtet. Heute sind Wölfe und Seeadler regelmäßige und gern gesehene Gäste im Revier. Die Wölfe helfen uns den überhöten Rotwildbestand zu reduzieren und sind somit eine wichtige Unterstützung beim Waldumbau.
Fast 100 Jahre lang wurde das als „Heidehof“ bekannte Gelände vom Militär genutzt, zuletzt von der sowjetischen Armee. Auf dem Truppenübungsplatz Jüterbog-Ost fanden regelmäßig Panzermanöver und Schießübungen statt. Wenn Kampfflieger Bomben abwarfen oder Artilleristen Granaten verschossen, lösten sie damit nicht selten Brände im Unterholz aus. Was sich nach rabiater Umweltzerstörung anhört, entpuppte sich nach dem Abzug der Streitkräfte im Jahr 1992 als ökologischer Glücksfall: Die militärische Nutzung hatte komplexe Biotope mit Pionierpflanzen hinterlassen. Naturschützer fanden im NSG sehr viel mehr Tier- und Pflanzenarten als in der umliegenden Kulturlandschaft. Auf dem Militärgelände hatten Flora und Fauna weder unter dem Einsatz von Herbiziden, noch unter der Absenkung des Grundwassers zu leiden, beides Begleiterscheinungen einer intensiv betriebenen Landwirtschaft.
Daher ist es kein Zufall, dass der ehemalige Truppenübungsplatz heute als einer der wertvollsten Lebensräume für Schmetterlinge in Deutschland gilt. Bei ersten Bestandsaufnahmen registrierten Biologen 435 verschiedene Gattungen von Großschmetterlingen, darunter stark gefährdete Arten wie der Eisenfarbige Samtfalter (Hipparchia stalinus), der Heidekraut Fleckenspanner (Dyscia fagaria) oder der Mattscheckige Braundickkopffalter (Thymelicus acteon). Auch für den Vogelschutz ist die DiMUS-Fläche von Bedeutung, insbesondere für den Erhalt von Arten, die offene Landschaften mit lichten Baumbeständen bewohnen. Dazu gehören Brachpieper, Wiedehopf und Ziegenmelker, von denen es im Bereich Heidehof-Golmberg vergleichsweise große Populationen gibt. Sie finden andernorts kaum noch geeignete Lebensräume und stehen darum in Deutschland auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten.
Die verlassenen Bunker und andere Geschützstellungen bieten Fledermäusen einen idealen Unterschlupf. In den Wäldern am Golmberg haben auch seltene Arten wie die Bechsteinfledermaus und die Mopsfledermaus Quartier bezogen. Mopsfledermäuse brauchen Wälder mit Totholz und alten Bäumen für ihre sogenannten Wochenstuben, in denen die Weibchen gemeinsam ihre Jungen aufziehen. In Wirtschaftswäldern kann diese bedrohte Tierart deshalb nicht überleben. Dieter Mennekes hat persönlich an der Erfassung und Erforschung der Fledermausbestände im Stiftungswald und an der Einrichtung von Kastenrevieren mitgewirkt. Heute beherbergen die verlassenen Bunker das wahrscheinlich größte Winterquartier der Mopsfeldermaus in ganz Deutschland.
Die vermutlich starke Bejagung des wiederkäuenden Schalenwildes (Rehe und Hirsche) durch die sowjetischen Soldaten scheint darüber hinaus dazu beigetragen zu haben, dass die Bestände nicht überhand genommen haben. Weniger wiederkäuendes Schalenwild verbeißt weniger junge Bäume. Dies ist ein Erklärungsansatz für die recht vielfältigen Wälder mit einem vergleichsweise hohen Anteil an Naturverjüngung, die sich auf vielen ehemaligen Truppenübungsplätzen, wie auch im NSG Heidehof-Golmberg, etablieren konnten.