Der Urwald von morgen

Der „Heiligenborner Wald“ bei Bad Laasphe liegt im Rothaargebirge und ist Teil des größten zusammenhängenden Waldgebiets in Nordrhein-Westfalen. Dieter Mennekes hat hier seit 1998 Land erworben und die Fläche bis heute auf ca. 380 Hektar anwachsen lassen. Kurz nach dem Erwerb der ersten Flächen wurde bereits mit ersten Renaturierungsmaßnahmen begonnen. In Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Forstamt Hilchenbach und der Landschaftsbehörde Siegen-Wittgenstein erstellte Dieter Mennekes mit seinem Team ein Konzept, um die Folgeschäden der früheren Nutzung entlang des Ilsebachs und des Schwarzen Langenbachs zu beheben. Auf einer Länge von mehr als drei Kilometern wurden die Fichten am Bachufer abgeholzt und rund 130.000 Buchen sowie Erlen und Weiden neu gepflanzt. Zu Fischteichen umfunktionierte Badeweiher mussten ebenso beseitigt werden wie Bodenverrohrungen und Betonplatten zur Gewässerüberquerung. Um die Fließgeschwindigkeit zu verringern, schuf man durch Steinanlagerungen mehrere Furten. So ist neuer Lebensraum für Kriechtiere und Kleinlebewesen wie Fliegenlarven oder Bachflohkrebse, bis hin zu Bachforellen entstanden.

Im Jahr 2014 deklarierte Dieter Mennekes als erster Privatwaldbesitzer Deutschlands ein 338 Hektar großes Areal zur Wildnis. Das entspricht in etwa dem Umfang von 500 Fußballfeldern. Der Verzicht auf die weitere wirtschaftliche Nutzung der Stiftungsfläche soll einen vom Menschen möglichst unbeeinflussten Ablauf natürlicher Prozesse gewährleisten (Prozessschutz). Mit anderen Worten: Der künftige Wald soll allein aus natürlicher Sukzession hervorgehen. Wildnisgebiete dienen dem Erhalt der biologischen Vielfalt, indem sie bedrohten Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen einen Schutzraum bieten. Schon heute ist der Wald rund um die Ilsequelle ein wertvolles Biotop in dem Baummarder, Singdrosseln und Wildkatzen leben.

Die Deklaration zur Wildnis bedeutet nicht, dass im Heiligenborner Wald von heute auf morgen alle Arbeiten eingestellt wurden. Die Forstverwaltung behält 30 Jahre lang – also bis ins Jahr 2044 – das Recht, standortuntypische Fichten zu entnehmen. Daher ist es präziser, von einem Wildnisentwicklungsgebiet zu sprechen. Im Unterschied zum Wirtschaftswald bleibt hier totes Holz liegen und bildet so den Nährboden für Pilze, Flechten, Moose und Insekten. Um zu verhindern, dass Hirsche und Rehe die nachwachsende Vegetation kahlfressen und Wildschweine Schäden auf angrenzenden Äckern anrichten, wird die Wildnis Heiligenborn weiter bejagt. Hinsichtlich des verbleibenden Nutzungsrechtes für die standortuntypischen Fichten hat der Borkenkäfer die ursprüngliche Zeitplanung über den Haufen geworfen. Um bereits jetzt den Wildnisgedanken in den Vordergrund zu stellen und auch einen sichtbaren Unterschied zu den Flächen, die die Wildnis umgeben, zu erzeugen, wurde im Jahr 2021, mit Arbeitsbeginn des neuen Stiftungsteams, jegliche Nutzung der Fichten im Wildnisentwicklungsgebiet eingestellt. Einzig Fichten, die zu nah an den Haupt-Wanderwegen stehen, sollen aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht noch gefällt werden.   

Für seinen Beitrag zur Wildnisentwicklung in Deutschland wurde Dieter Mennekes 2018 mit der Waldmedaille des Naturschutzbundes NABU ausgezeichnet. Der Preisträger hat bei dieser Gelegenheit verraten, wie er zu seiner Entscheidung gekommen ist: „Ich habe eine Waldbefragung durchgeführt und die Antwort der Bäume war eindeutig: Wir wollen Wildnis werden.“

Wir für die Wildnis (PDF)