Wie eine Multi-Millionen-Euro-Kampagne gestoppt wurde

Jahrzehntelang wurde für die Marlboro, die meistverkaufte Zigarettenmarke in Deutschland, mit Filmen und Fotos rauchender Cowboys geworben. Um das Jahr 2010 herum fasste die Herstellerfirma Philip Morris den Entschluss, die Raucher-Machos aus der Werbung zu verbannen und ein neues Marketingkonzept zu entwickeln, das Frauen ebenso zur Geltung kommen lässt wie Männer. Testmarkt für das neue Konzept war Deutschland, wo die Kampagne mit dem Slogan „Be Marlboro“ im Dezember 2011 anlief. Unternehmensvertretern zufolge hat der Imagewechsel dazu beigetragen, den Marktanteil der Marke in der Gruppe der 18- bis 24-jährigen Deutschen deutlich zu erhöhen. Zugleich bestritten Sprecher von Philip Morris vehement, dass sich die Marlboro-Werbung in irgendeiner Weise auf das Rauchverhalten von Minderjährigen ausgewirkt haben könnte. Sie verwiesen darauf, dass ihre Fotomodelle allesamt mindestens 30 Jahre alt waren.

Doch Fotomodelle, die dem Geburtsdatum nach über 30 sind, können auf Jugendliche wesentlich jünger wirken, wenn man sie entsprechend in Szene setzt. Das zeigte sich in einer Studie, die die Umweltstiftung bei der Gesellschaft für Konsumforschung in Auftrag gegeben hat. Die Online-Befragung von 1.000 Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren fand im Spätsommer 2012 statt. Sie ergab, dass sich die Marlboro-Motive mit Mutproben wie Stage Diving und Parcouring dem Teenager-Publikum nachhaltig eingeprägt hatten. Vor allem Mädchen fühlten sich von dem neuen Marketingkonzept angesprochen. Tatsächlich ist die Raucherquote unter den weiblichen Teenagern in Deutschland im Jahr 2012 zum ersten Mal seit anderthalb Jahrzehnten wieder gestiegen. Phillip Morris hat in diesem Jahr eigenen Angaben zufolge rund 50 Millionen Euro in die deutsche Be Marlboro-Kampagne investiert.

Das geltende Tabakgesetz verbietet Werbung, „die ihrer Art nach besonders dazu geeignet [ist], Jugendliche oder Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen“. Das Landratsamt München hat deshalb Anfang Oktober 2013 die Be Marlboro-Kampagne gestoppt und sich dabei unter anderem auf die Studie der Dieter Mennekes-Umweltstiftung berufen. Erst zwei Jahre später erhielt Philip Morris die Erlaubnis, den Werbefeldzug ohne die von der Umweltstiftung kritisierten Bildmotive fortzusetzen. Der Zigarettenkonzern hat davon kaum Gebrauch gemacht, weil er kurze Zeit später ein neues, risikoärmeres Produkt auf den Markt brachte – den Tabakerhitzer Iqos. Auch für Iqos wurde in ganz Deutschland auf Plakaten geworben. Allerdings verzichtete Philip Morris dabei auf jugendlich wirkende Fotomodelle.